150 Jahre Maria Montessori – Ärztin und Reformpädagogin

Maria Montessori, der 150. Geburtstag, ein Einlass zur Ehrung ihres Lebenswerkes für die Kinder.

Ihre Pädagogik lebt bis heute weltweit in Schulen und Kindereinrichtungen.

150 Jahre Maria Montessori - Monte München
150 Jahre Maria Montessori – Monte München

Im Olympiapark, neben der Montessori-Schule befindet sich das Montessori-Kinderhaus. In den hellen Räumen mit offenen für die Kinder frei zugänglichen Regalen laden Einzeltische und Teppiche zum „Arbeiten“ auf dem Boden ein. Alle Möbel und Materialien sind kindgerecht, dafür sorgte Maria Montessori in dem von ihr eröffneten ersten Kinderhaus: „Casa dei bambini“  in San Lorenzo in Rom.

Die Kinder wählen frei und interessiert aus den Regalen ein Montessori-Lernmaterial aus. Sie können es so oft wiederholen, wie es ihrem Bedürfnis entspricht. Die Materialien sind strukturiert, ordentlich, sehr ästhetisch und haben somit einen hohen Aufforderungscharakter. Jedes Material gibt es nur einmal aus den Bereichen: Übungen des praktischen Lebens, Sinnesmaterial, Sprache und Mathematik.

In ihrem Kinderhaus stellte sie den Kindern Materialien aus der Natur zur Verfügung, wie auch alltägliche Haushaltsgegenstände zur Nachahmung oder z.B. auch Seidensöckchen zur Unterscheidung, Benennung und Paarung von Farben.

Die Pädagogen beobachten die Kinder achtsam und werden zurückhaltend zum Helfer, aber nur in dem Umfang, wie das einzelne Kind dies benötigt.

Wer kennt nicht ihren Leitsatz im Kinderhaus: „Hilf mir, es selbst zu tun!“

150 Jahre Maria Montessori
150 Jahre Maria Montessori

Seit Maria Montessori ihre Pädagogik vor mehr als hundert Jahren entwickelte, haben zwei Weltkriege und technische sowie soziale Umbrüche das Leben der Menschen stark verändert. Trotzdem konstatiert Herr Jörg Boysen, Vorsitzender des deutschen Montessori-Dachverbandes: “Die Essenz ihrer Methode ist heute die gleiche wie damals.”

Entsprechend Montessoris Vision soll sich jedes Kind in seinem eigenen Rhythmus entwickeln können und dabei seiner Neugierde folgen können. Sie ermöglichte den Kindern ihren Bedürfnissen gemäß selbsttätig und somit selbstständig und damit unabhängig vom Erwachsenen zu werden. Deshalb gilt ihre Fürsorge als Grundvoraussetzung der Vorbereitung der Lernumgebung.

Bis heute spielen und arbeiten die Kinder in gemischten Altersgruppen, möglichst eigentätig, aber sich auch unterstützend, begleitet von Darbietungen des Pädagogen.

Eine zentrale Rolle spielen die Materialien. Schon im Kinderhaus erschließt sich den Kindern z.B. der Zahlenraum bis 9999 mit den „Goldenen Perlen“. Es gibt Perlen zum Zählen, auf Zehnerstäbe gefädelte Perlen, Hunderterplatten aus Perlen und einen Tausenderkubus. Die Kinder zählen, benennen, vergleichen, tauschen und lernen, die Mengen zu verstehen. In der benachbarten Schule bauen sie auf den Erkenntnissen auf und gehen den Weg der Abstraktion, sodass sie die vier Grundrechenarten im Zahlenraum bis eine Million erst mit und dann ohne Material vollziehen können.

Maria Montessori – eine Pionierin

Als Maria Montessori vor genau 150 Jahren zur Welt kam, war Italien gerade mal neun Jahre alt. Die Armut in diesem Land war sehr groß und Millionen Menschen wanderten aus. Nur wenige Menschen konnten schreiben und Mädchenbildung oder gar Gleichberechtigung war nicht besonders erwünscht. Über die Kindheit von Maria Montessori ist nur wenig bekannt. Ihre Mutter war eine aufgeschlossene Frau und hat ihre Tochter sehr unterstützt. Dabei förderte sie Ihre Tochter auch, obwohl diese sich für Technik und Naturwissenschaften interessierte. Dies waren Disziplinen, welche grundsätzlich Männern vorbehalten und für Frauen beruflich nicht vorgesehen oder zugänglich waren.

Maria Montessori
Maria Montessori

In dieser Zeit gelang Maria Montessori Außergewöhnliches. Sie studierte als eine der ersten fünf Frauen in Italien Medizin. In der damaligen Zeit durfte sie erst den Hörsaal betreten, nachdem alle männlichen Studierenden auf ihren Plätzen saßen. Den Anatomiekurs musste sie abends besuchen, wenn die anderen Studierenden ihre Sezierübungen abgeschlossen hatten. Männer und Frauen sollten sich in der damaligen Zeit den Anblick eines nackten Leichnams nicht teilen. Sie forschte einfach zu gerne und ließ sich von vielen Widrigkeiten in dieser Zeit nicht abhalten. Dass sie sich immer wieder federführend für Frauenrechte engagierte, mag auch diesen Widerständen der Männer gegenüber der beruflichen, gesellschaftlichen und politischen Emanzipation von Frauen geschuldet sein.

Besonders die Kinderpsychiatrie faszinierte Montessori. Nach dem Uniabschluss arbeitete sie zunächst klinisch mit geistig behinderten und vernachlässigten Kindern. Aus ihren Beobachtungen heraus entwickelte sie ihren pädagogischen Ansatz. Jörg Boysen sagt, viele Menschen glaubten deshalb, es handele sich um eine Sonderpädagogik, doch das werde dem Ansatz nicht gerecht. Montessori hat ihre Methode jahrzehntelang bei Kindern angewendet und Vorträge über ihre Arbeit in der Welt gehalten. Ihre Pädagogik stellt den Menschen als Ganzes in den Mittelpunkt, ist naturwissenschaftlich und kulturhistorisch geprägt und betont die positive Haltung der Erwachsenen dem Kind gegenüber. Erwachsene sollen den Reifungsprozess begleiten und helfen, „den inneren Bauplan“ des Kindes zur Entfaltung zu bringen. Sie sollen eine vorbereitete Umgebung schaffen, in der sich das Kind in freier Wahl der Arbeit als „Baumeister seiner selbst“ entwickeln kann

In Italien selbst fristet der Ansatz der berühmten Medizinerin ein Nischendasein und wurde erst in jüngster Zeit wiederentdeckt. Tiziana Pironi, Professorin für Geschichte der Pädagogik in Bologna, erklärt das mit der traditionellen Ausrichtung des Schulsystems und einer entsprechend großen Skepsis gegenüber reformpädagogischen Zielen. “Einerseits wurde Montessori als Wissenschaftlerin zelebriert, andererseits tat man sich schwer damit, ihre Methode zu verbreiten.”

150 Jahre Maria Montessori - Monte München
150 Jahre Maria Montessori – Monte München

Dennoch hielten Millionen von Italienern und Italienerinnen Montessori einst in den Händen. Auf dem 1000-Lire-Schein lächelte uns ihr Gesicht an: freundlich und zugewandt.

International entwickelt sich ihre Pädagogik vielfältig weiter: neben einer stetigen Zahl von Kinderhaus- und Schulgründungen weltweit wurde und wird in den USA, in Schweden und Tschechien der Erdkinderplan weiterentwickelt. Diese besondere Art der vorbereiteten Umgebung für die dritte Entwicklungsstufe der 12-18Jährigen, in der Jugendliche in der geschützten Gemeinschaft „Gesellschaft“ leben können, um so ihren Platz im Leben zu finden. Montessoripädagogik wird mittlerweile auch mit Senioren erfolgreich praktiziert. Und auch unser Kinderhaus und die Schule im Olympiapark wollen hier nicht nachstehen und sich weiterentwickeln.

Danke Maria Montessori für dein Wirken.

Die hier gezeigten Bilder wurden von den Schülern der Montessori Schule im Olympiapark gemalt.